Mittwoch, 19.02.2025 20:18 Uhr

Ukrainische Mobilisierungsbehörde entführe Männer

Verantwortlicher Autor: Sergej Perelman Odessa (UA), 29.12.2024, 17:16 Uhr
Presse-Ressort von: Sergej Perelman Bericht 4823x gelesen
Bewaffnete Angehörige der ukr. Militärverwaltung an einer Bushaltestelle. Odessa. Frühjahr 2024.Bildmaterial: Max Rydada

Odessa (UA) [ENA] Im Frühjahr 2024 drehte der ukraininsche Youtuber Max Rydada eine Reportage in Odessa mit dem Titel "Willkür und Skrupellosigkeit der ukrainischen Mobilisierungsbehörde. Entführung von Männern", in der er u. a. Plätze in Odessa aufsuchte, wo Männer im wehrfähigen Alter auf öffentlichen Plätzen unter Einsatz von Zwangsmaßnahmen von Vertretern der Militärverwaltung abgefangen und in Minibussen entführt werden sollen.

Der junge ukrainische Youtuber Max Rydada beginnt seine im Frühjahr des Jahres 2024 gedrehte und am 25.12.2024 auf seinem Youtube-Kanal veröffentlichte einstündige Video-Reportage zum Thema der Männerentführungen auf offener Straße durch die ukrainische Militärverwaltung, die das Ziel verfolgt, sie unter Einsetzung von Zwangsmaßnahmen an die Front zu bringen, mit den Worten, dass es das gefährlichste Video sei, das jemals auf seinem Kanal erschienen ist und er nicht wisse, was nach der Veröffentlichung mit ihm geschehen werde. Er befinde sich in der Stadt Odessa und habe es satt, zu schweigen. Die meisten Ukrainer wüssten um die skrupellose Vorgehensweise der Mobilisierungsbehörden und haben Angst davor, auf die Straße zu gehen.

Im Einspieler zu seiner Reportage thematisiert Max Rydada die überall auf verschiedenen Sozialen Medien kursierenden Videos von Gewaltmaßnahmen gegen Männer im wehrfähigen Alter durch die Militärverwaltung, indem diese wie "Vieh" in Minibusse gegen ihren Willen eingepfercht und weggefahren werden, um sie später zum Kriegsdienst zu zwingen. Allen Menschen, die sich außerhalb der Ukraine befinden, will er mit seiner Reportage beweisen, dass diese Videos keine Fiktion, sondern die blanke Realität abbilden. Er verspricht den Zuschauern mit seinem Videomaterial nachzuweisen, wie die Militärverwaltung Männer auf öffentlichen Plätzen abfängt, ihnen Einberufungsbefehle verteilt und in Minibussen zur Militärverwaltung abtransportiert.

Max Rydada gibt sich sehr enttäuscht darüber, dass die ukrainischen Blogger und Youtuber zu diesem Thema schweigen und so tun, als ob alles in Ordnung sei. Sie haben "ihre Zungen in den Arsch geschoben", so der in obszöner Sprachwahl vorgebrachte Vorwurf an die Kollegen, da die Militärverwaltung doch alle Gesetze und verfassungsmäßigen Grundrechte bricht, indem sie die Menschen wie Vieh auf öffentlichen Plätzen entführe. Rydada verstehe, dass seine Kollegen Angst haben, genauso wie alle anderen Menschen sich fürchten, über die Willkür von Politik und Militärverwaltung zu sprechen. Er selbst halte das Schweigen darüber, dass Tausende von Ehemännern, Brüdern, Kindern plötzlich verschwinden und später an der Front auftauchen, nicht länger aus.

Der ukrainische Youtuber sei bereit mögliche negative Konsequenzen nach der Erscheinung seiner Reportage in Kauf zu nehmen. "Denn wenigstens jemand in diesem Land muss die Eier haben, Ihnen zu erzählen und zu zeigen, was für eine Willkür und Skrupellosigkeit hier herrscht." Max Rydada fährt in seiner Reportage auch durch ukrainische Dörfer, um dort die Menschen zu befragen, wie die Militärverwaltung vorgehe. Außerdem berichtet er von verschiednen anderen Vorkommnissen im Zusammenhang mit der Mobilisierung, wie z. B. dass Soldaten Fitnesscenter durchkämmen, um an Kanonenfutter zu kommen. 3.000-5.000$ müsse man bezahlen, um sich freizukaufen, nur um das Kreiswehrersatzamt zu verlassen. Doch damit sei der Fall noch nicht erledigt.

Bewaffnete Angehörige der ukr. Militärverwaltung an einer Bushaltestelle. Odessa. Frühjahr 2024.Bildmaterial: Max Rydada
Bewaffnete Angehörige der ukr. Militärverwaltung an einer Bushaltestelle. Odessa. Frühjahr 2024.Bildmaterial: Max Rydada
Bewaffnete Angehörige der ukr. Militärverwaltung an einer Bushaltestelle. Odessa. Frühjahr 2024.Bildmaterial: Max Rydada

In der Mitte der Reportage bereist Max Rydada (eigentlich heißt er Max Rudada) verschiedene Dörfer um Odessa herum. Diese Aufnahmen entstanden im April 2024. Dort wird er immer wieder mit den gleichen Bildern konfrontiert: entvölkerte Straßen, kaum Menschen, hauptsächlich Alte, Frauen und Kinder. Die Bewohner berichten, dass die Mobilisierungsbehörden regelmäßig vorbeikommen, um Einberufungsbescheide zu verteilen. Mancherorts sollen Einberufene auch gewaltsam in Bussen abtransportiert worden sein.

Die Video-Aufnahmen in Odessa, die zwischen Januar und April 2024 entstanden sind, zeigen keine Zwangsmaßnahmen seitens der Militärverwaltung gegen Männer auf öffentlichen Plätzen, sondern nur die Ausstellung von mehreren Einberufungsbescheiden. Gleichwohl kommentiert der Youtuber, dass es diese Fälle in der gesamten Ukraine gebe. Den Höhepunkt der Reportage bildet die Szene (ab 52:00), wo Rydada und sein Kameramann im Auto sitzend, nachdem sie eine Zeitlang das Vorgehen der Mobilisieringsbehörde an einer Bushaltestelle gefilmt haben, plötzlich von den beiden Minibussen der Einsatzkräfte der Militärverwaltung umzingelt werden.

Zuerst fährt der eine Bus direkt vor das Auto von Rydada vor. Man sieht, wie mehrere Einsatzkräfte herausspringen, um ihn dingfest zu machen. Währenddessen hält der zweite Bus auch in unmittelbarer Nähe längs der Straße, um ihm zusätzlich die Ausfahrt zu erschweren. Doch Rydada gelingt ein geschicktes Manöver mit seinem Auto, um aus der Umklammerung durch die beiden Busse und den Fängen der bereits ausgestiegenen Einsatzkräfte zu entkommen. Am Ende versteckt er sich in einem Parkhaus. Dort berichtet er, dass er den Moment der Umzingelung als einen Kampf um Leben und Tod durchlitt. Denn wenn sie ihn geschnappt hätten, wäre er womöglich demonstrativ an die Front geschickt worden, um dann nicht mehr zurückzukehren, so sein Albtraum.

Einsatzkäfte der Militärverwaltung vor ihren Fahrzeugen. Odessa. Frühjahr 2024. Bildmaterial: Max Rydada
Fahrzeuge der Militärverwaltung. Odessa. Frühjahr 2024. Bildmaterial: Max Rydada
Eines der Fahrzeuge gibt Gas und driftet um die Kurve. Odessa. Frühjahr 2024. Bildmaterial: Max Rydada
Erster Bus fährt in Richtung des Reporter-Teams. Odessa. Frühjahr 2024. Bildmaterial: Max Rydada
Der Bus hat sich direkt vor dem weißen Mercedes der Reporter aufgestellt. Odessa.Frühjahr 2024. Bildmaterial: Max Rydada
Bustür wird geöffnet. Odessa. Frühjahr 2024. Bildmaterial: Max Rydada

Im Nachgang des Geschehenen äußert der Youtuber die Vermutung, dass er wohl einigen Männern am Drehtag das Leben gerettet habe könnte, weil die Einsatzkräfte der Militärverwaltung wahrscheinlich seinetwegen niemanden durch die Anwendung von Zwangsmaßnahmen bearbeitet haben, weil sie schon vorher, als der Reporter sie am ersten Drehort filmte, den Braten gerochen haben könnten. Um seine Vermutung zu belegen blendet Rydada eine Szene bereits vom ersten Drehort ein, in der einer der Beamten mit jemandem telefoniert. Auch am zweiten Ort wird ein Telefonat eines Beamten gefilmt, in dem möglicherweise das Vorgehen im Falle einer Beobachtung abgeklärt wird.

Im Kommentarbereich zur Reportage finden sich durchgehend sehr positive Rückmeldungen. Hier ist eine kleine Auswahl: "Der Inhalt ist bombastisch. Ihr seid die Einzigen, die sich nicht in die Hose gemacht haben, die Willkür und Gnadenlosigkeit der Militärverwaltung aufzuzeigen. Größten Respekt, Jungs! Passt auf euch auf!" "Max hat mehr Tapferkeit und Ehre als alle Journalisten, Blogger, Stars und Sternchen und Sportler zusammen genommen." "Schreibe sehr selten Kommentare, aber für euch Jungs, ist es nicht umsonst! Danke euch für euren Mut und Authentizität." "Der einzige Mensch, der zeigt, was sich wirklich abspielt, danke."

Link zur Reportage: https://www.youtube.com/watch?v=YhaOawW_ZOs

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