Freitag, 20.06.2025 22:21 Uhr

Konstantin Wecker, ein Friedensstifter im Geiste Borcherts

Verantwortlicher Autor: Sergej Perelman Ludwigsburg, 12.04.2025, 21:01 Uhr
Presse-Ressort von: Sergej Perelman Bericht 5759x gelesen
Konstantin Wecker, Ludwigsburg, 03. April 2025. Bild: Sergej Perelman

Ludwigsburg [ENA] Mit „Lieder meines Lebens“ ist die aktuelle Tournee des Münchner Liedermachers Konstantin Wecker überschrieben. Am 03. April 2025 gastierte er in Ludwigsburg und verwandelte das 'Forum im Schlosspark' atmosphärisch stellenweise in eine Kathedrale, die durch Wecker selbst, seine Augen, seine Poesie, seine Musik durchlässig wurde für etwas viel Größeres, was wir alle als Ahnung und Sehnsucht in uns tragen...

So ganz anders als die zu staatlichen Institutionen pervertierten Kirchen, die dem Staat als Stellvertreter Gottes auf Erden bis zum Anbrechen des ewigen Friedensreiches das Recht zubilligen, Gewalt und Waffen einzusetzen, um sich „zur Wehr zu setzen“ - was niemals Jesu Wille war (Mt 5,5.9.39.44; 26,52) -, ergriff Wecker, Gott sei Dank, in seinem vielfältigen, aus verschiedenen Schaffensperioden angereicherten und poetisch-philosophischen Programm unter anderem das Wort für den Weg der Gewaltfreiheit und erteilte dem wachsenden Militarismus in Deutschland im Geiste von Wolfgang Borchert, ähnlich wie dieser in seinem berühmten Mahnruf „Dann gibt es nur eins: Sag Nein!“, ein klares, lautes und entschiedenes Nein!

Weckers „Nein!“ gründet auf Liebe, Zärtlichkeit und der Vision einer herrschaftsfreien Welt ohne Krieg, Gier, tödliche Konkurrenz und die Zerstörung der Natur. Der Dichter attestiert in seinem Lied „Utopia“ unserer Welt zurecht das Attribut „Albtraum“ und stellt jenem seinen aus einer tiefen Sehnsucht geborenen Traum von einer Welt, wie sie durchaus an den Geist des Neuen Testaments (in der reformtheologischen Auslegung von Eugen Drewermann) heranreicht, entgegen. Besonders im Lied „Auf der Suche nach dem Wuderbaren“ besingt Wecker eine Sphäre im Inneren eines jeden Menschen, wo jeder seinem wahren Selbst begegnen kann:

„Aber tief im Inner´n war etwas verborgen,/ was sich nicht betäuben und verstecken ließ,/ eine Hoffnung auf ein unerhörtes Morgen,/ auf ein unerschloss´nes Paradies,/ so als würd‘ etwas im Inner´n thronen,/ was sich außen niemals offenbart,/ nicht in Diademen, nicht in Königskronen,/ eine Schönheit völlig andrer Art./ Ja – es ist der unbekannte Morgen/ und das unerschloss´ne Paradies,/ nicht zu kaufen und nicht mal zu borgen,/ dieser Schlüssel zu dem dunkelsten Verlies,/ das dein Herz und deine ungesung´nen Lieder/ fest gefangen hält durch Wahn und Zwang./ Wenn du ihn gefunden hast – nie wieder/ wirst du fremd dir sein. Dann bist du dein Gesang.“(1)

Konstantin Wecker lädt damit auch uns ein, in uns dieses Wunderbare zu suchen und hoffentlich auch zu finden, nicht im Außen, nicht bei ARD und ZDF, nicht im Fernsehen und Handy – nein, einzig in einer mystischen Selbstbegegnung. Vergleichbar mit dem „Jordan-Augenblick“ des Jesus von Nazareth, wie er z. B. im Markus-Evangelium 1,10-11 geschildert wird; jedoch in symbolischen, traumnahen Bildern, die wir unbedingt inwendig sich ereignend verstehen müssen - als eine „geistige Neugeburt“ also -, weil wir anderenfalls die Bedeutung verfehlen.

Doch es kann nicht genügen, es nur bei der Entdeckung jener „Schönheit völlig andrer Art“ zu belassen. Sie will auch in unseren Mitmenschen und Mitkreaturen erschaut, erkannt oder gar im Geiste des Nazareners (Mt 5,5.9) und auch im Sinne von Weckers „Revolution der Zärtlichkeit“ durch uns geweckt werden und sie will durch Umwertung und Umprägung aller weltlichen Werte die durch Dunkelheit, Angst, Hass, Gewalt und Krieg durchtränkte Wirklichkeit in das verwandeln, was in unserer Innenschau sich erschließen lässt.(2)

Nur durch uns kann sich die „Revolution der Zärtlichkeit“ in dieser Welt aufführen, wenn wir das Wunderbare in uns, die Ewigkeit, die sich gleichsam in diesen Augenblicken auftut, niemals minderwertiger erachten als die sogenannte Wirklichkeit, sondern in gewisser Weise sogar als wirklicher und es wagen, die Welt zu verwandeln eben dadurch: Zärtlichkeit und die Perspektive der Ewigkeit...

Jeder Augenblick ist ewig,/ wenn du ihn zu nehmen weißt -/ ist ein Vers, der unaufhörlich/ Leben, Welt und Dasein preist./ Alles wendet sich und endet/ und verliert sich in der Zeit./ Nur der Augenblick ist immer./ Gib dich hin und sei bereit!/ Wenn du stirbst, stirbt nur dein Werden./ Gönn´ ihm keinen Blick zurück./ In der Zeit muss alles sterben -/ aber nichts im Augenblick.(3)

Jo Barnikel (links), Konstantin Wecker (rechts), Ludwigsburg, 03. April 2025. Bild: Sergej Perelman

Das Gedicht oben bildete den Abschluss von Weckers Konzert, bei dem ihn sein treuer Freund Jo Barnikel wunderbar am Klavier begleitet hat. Dem Verteidigungsminister Boris Pistorius, der ja schon seit geraumer Zeit eine neue Mentalität von den Deutschen fordert, quasi einen neuen deutschen Geist, möchte man nach dem Wecker-Konzert entgegnen – bitteschön, Herr Minister: Habt den Mut zum Ungehorsam gegen alle weltlichen Autoritäten! Liebt eure Feinde, so wie GOTT uns alle liebt, selbst in unseren schlimmsten Irrtümern, weil wir nur durch Gnade geheilt werden können (Mt 5,44-48; Joh 1,17). Und an die Leserschaft: Besuchen Sie doch mal ein Wecker-Konzert in Ihrer Nähe, hören Sie seine Musik und lesen Sie seine Bücher.

(1) https://wecker.de/portfolio-item/auf-der-suche-nach-dem-wunderbaren-2. (2) Konstantin Wecker: Auf der Suche nach dem Wunderbaren. Poesie ist Widerstand, 3. Aufl. 2019, Gütersloher Verlagshaus, S. 54ff. (3) Konstantin Wecker: Jeder Augenblick ist ewig, dtv, München 2012.

Für den Artikel ist der Verfasser verantwortlich, dem auch das Urheberrecht obliegt. Redaktionelle Inhalte von European-News-Agency können auf anderen Webseiten zitiert werden, wenn das Zitat maximal 5% des Gesamt-Textes ausmacht, als solches gekennzeichnet ist und die Quelle benannt (verlinkt) wird.
Zurück zur Übersicht
Photos und Events Photos und Events Photos und Events
Info.