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"Ich gebe euch einen Frieden, nicht wie die Welt ihn gibt"

Verantwortlicher Autor: Sergej Perelman Paderborn, 19.04.2022, 11:22 Uhr
Presse-Ressort von: Sergej Perelman Bericht 10463x gelesen

Paderborn [ENA] Eugen Drewermann, Theologe, Psychotherapeut und Publizist arbeitet in seinem Beitrag vom 17.04.2022 zum Ältestenrat-Onlinekongress 2022: "Was am Ende wirklich zählt" eine psychologisch-theologische Analyse der Ursachen von Krieg heraus und formuliert die Erlösung daraus: "Wir müssten uns mal interessieren für die Angst, die der Andere vor uns hat, weil wir ihm Angst machen aus Angst, wie er uns Angst macht".

Nachstehend wird ein Auszug aus Drewermanns Vortrag wortgetreu veröffentlicht. "Alle Mainstreammedien von früh bis spät orgeln dieselbe Botschaft: 'Wir müssen stark sein! Wir müssen kämpfen können! Wir müssen Waffen haben! Wir müssen 100 Mrd. Euro ausgeben für verbesserte Rüstung!' So soll - was eigentlich? Der Friede gewahrt werden? Ich glaube wir hätten nicht 70 Jahre oder 80 Jahre auf diesem Planeten erlebt, um zu wissen, dass das so nicht funktionieren kann."

"Jemand hat einen Hund. Der wird manchmal bissig. Da möchte man draufhauen! Auch der Nachbar hat sich schon beschwert. Nehmen wir an, sie hätten ihren Hund lieb, dann wüssten Sie: Er ist ein Angstbeißer. Mit Prügeln erreichen Sie gar nichts, außer dass er wirklich gefährlich wird. In der Vermutung, dass Sie wiederkommen, um ihn zu schlagen, wird er dann sogar Sie selbst, sein Frauchen, angreifen. Hingegen: Wenn Sie ihn beruhigen, wenn Sie ihm die Angst nehmen, löst sich das Problem von alleine."

"Nur müssen sie sich nicht erst im Geschichtsbuch kundig machen, aber alles, was wir Weltgeschichte nennen, was wir Staatsgeschichte nennen, was wir Politik nennen, besteht einzig in der Reaktion auf Angst, die wir selber haben, zu antworten mit Gegenterror, mit Angstverbreitung, mit Einschüchterung! 'Abschreckung' ist das Zauberwort, das wir auch jetzt wieder gebrauchen. So kann es keinen Frieden geben und so ist er nie gekommen! So wurde aus der menschlichen Geschichte eine riesige Paranoia der Aufrüstung: von der Schlagwaffe mit dem Faustkeil zum Knüppel über den Bogen über die Kanonen bis zu Raketen - es war nie genug! Wir mussten immer um der Sicherheit willen, noch mörderischer werden als die Gefahr, die wir kommen sahen!"

"Die Lösung wäre eine einfache: Wir müssten uns mal interessieren für die Angst, die der Andere vor uns hat, weil wir ihm Angst machen aus Angst, wie er uns Angst macht. Aus diesem furchtbaren Knoten müssten wir einmal herauswachsen. Und dann wüssten wir als Überzeugung, dass es vollkommen stimmt, was Sie seit 2000 Jahren im Neuen Testament lesen können. Das Johannes-Evangelium lässt Jesus einmal sagen: 'Ich gebe euch einen Frieden, nicht wie die Welt ihn gibt.'"

"Der Friede, den die Welt gibt, ist Gleichgewicht des Schreckens - mindestens - oder Überlegenheit der eigenen Waffen, Einschüchterung, Angstverbreitung zur Angstlösung. So wird nie Frieden sein. So wird die Ursache von Zwistigkeiten, Aggression, Gewalt sich nur verändern, verbreitern, vergrößern. 'Mein Frieden', den Jesus verspricht, ist genau das Gegenteil: Abrüsten! Grad jetzt vor Ostern sehen wir am Palmsonntag den Einzug Jesu in Jerusalem. Die Leute glauben ihn als Messias womöglich. Und dann erwarten sie, dass er stark auftritt, dass er die heidnischen Römer verjagt vom heiligen Boden Israels!"

"Aber Jesus hat sich nicht einmal gescheut, den Knecht eines römischen Hauptmanns zu heilen! Er hatte Kontakt mit den Heiden! Das macht ihn unrein. Das hat ihn beschmutzt. Keine Scheu hatte Jesus davor! Und beim Einzug in Jerusalem zeigt er, wie man Gott wirklich verstehen sollte. Ein Prophet im sogenannten Alten Testament hat mal gesagt, dass wenn jemand tatsächlich von Gott käme, wäre seine erste Maßnahme: die Bogen zerbrechen und die Kriegswagen verbrennen! Das wäre der Anfang von Frieden. Das führt Jesus grade auf beim Einzug in Jerusalem, reitend auf einem Esel. Das ist die Wörtlichnahme eines Zitats aus Sacharja 9."

"Friede kommt einzig, wenn man sich interessiert für die Angst des Anderen, die er nicht nötig hat, wenn wir ihm nicht an den Kragen wollen. Und wenn das feststeht: Wir sind friedlicher Absicht, muss man vor uns nicht Angst haben. Das ist die ganze Botschaft Jesu. 'Ich nenne glücklich auf dieser Erde, die es wagen, wehrlos zu bleiben.' Überwindet das, was ihr für das Böse haltet, durch Güte, nicht mit Gegengewalt."

Im Privaten kennen Sie das genauso. Ihre zwei Jungs zanken sich mal wieder grade. Dann werden Sie dazwischengehen: 'Mich interessiert jetzt nicht, wer behauptet, dass er recht hat. Jeder, der sich prügelt, glaubt, dass er im Recht ist und der Andere im Unrecht. Das ist hohe Politik, wie wir sie haben. Das stimmt aber nicht! Wer prügelt, hat in sich unrecht. Wir gehen mal den Gründen nach. Was hat dich so geärgert an dem Anderen und wie kann man das ausgleichen?' Das setzt voraus, dass wir zuhören, dass wir verstehen, dass wir vermitteln durch Begreifen und dann zueinander führen. Jede Mutter wird das mit ihren Kindern so machen. Warum können das die Leute, die uns regieren, nicht irgendwann mal lernen? Friede kommt nie durch Gewalt!"

Quellen: https://www.youtube.com/watch?v=UjIuAjjDM1A, https://www.youtube.com/watch?v=stlKzrQBj58

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